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Stadtführungen besonderer Art bietet Rolf Strojec an. Da flaniert man dann nicht zu Sehenswürdigkeiten, die Eingeborenen ohnehin längst vertraut und selbst Neubürgern nicht mehr fremd sind. Strojec befasst sich seit vielen Jahren mit Opfern des Nazi-Terrors. Der Sprecher der „Stolperstein“-Initiative hat viele Lebensläufe nicht nur studiert, sondern von Grund auf recherchiert, einschließlich des in vielen Fällen blutigen Endes. Und er ist dabei immer wieder auf Lebensläufe von Menschen gestoßen, auf die jeder Rüsselsheimer stolz sein kann. Gemeint sind Bürger dieser Stadt, die mutig Widerstand gegen das Regime geleistet und dabei unsägliches Leid in Kauf genommen, vielfach auch tatsächlich ertragen haben.
Neue Perspektive
„Auf den Spuren des Widerstandes“ heißt die Führung, zu der Strojec alle Bürgerinnen und Bürger für Sonntag, 26. Mai, 14 bis 16.30 Uhr einlädt. Treffpunkt ist der Lassalleplatz vor der Stadthalle. Nun hat Strojec viel zu berichten, versteht es, anschaulich Zusammenhänge deutlich zu machen. Wichtig ist aber auch, dass selbst Menschen, die schon lange mit dieser Stadt und vielleicht sogar mit Teilen ihrer Geschichte vertraut sind, bei solchen Rundgängen ihr Lebensumfeld noch aus einer anderen Perspektive kennenlernen: Strojec führt die Bürger an Stellen, an denen nicht nur die Nazis und ihre Profiteure und Schergen demokratisch und sozial handelnde Menschen wegen ihrer Menschlichkeit belangten, sie verschleppten, in etlichen Fällen folterten, der Inhaftierung, ja Vernichtung zuführten. Er zeigt auf, wie das Leben der Widerstandsfähigen in jenen Jahren ablief, wie ihr Widerstand aussah, wie sie Talente einbrachten.
Strojec stellt Arbeiter vor, die von 1933 bis 1936 unter Einsatz von Leib und Leben Flugblätter druckten und unter die Kollegen brachten. Im Internet hat er einen Mimmiographen, einen Flugblatt-Vervielfältiger Marke „Sensator“ aus den 20-er Jahren, erstanden. Thomas G. Kortenkamp aus Hagenbach, exzellenter Kenner der Arbeit der Münchener Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um die Geschwister Scholl, hat das Gerät instand gesetzt. Strojec wird es nun bei der Führung zeigen und noch dazu einen „Roto Preziosa“ Kortenkamps. Bei einer Präsentation im Vorfeld erläuterte Kortenkamp jetzt die ungemein aufwändige Prozedur, an deren Beginn es schon äußerstes Fingerspitzengefühl erfordert, die Matritzen zu beschriften. 50 Mikrometer dünnes Maulbeerbaumpapier reißt schnell. Papier- und mehr noch Matritzenbeschaffung waren höchst riskant, weil auffällig.
1936 bis 1939 wechselte der Widerstand zur „Flüsterzeitung“. Dabei wurde nur noch äußerst selten gedruckt, vielmehr gab man tatsächlich halblaut Informationen weiter, die man beim verbotenen Abhören ausländischer Radiosender gewonnen hatte. Parallel wurde versucht, Nazi-Organisationen zu unterwandern. Ausführlich wird Strojec den Widerstand im Werk vorstellen. Während der Nazi Wilhelm von Opel das immer kriegswichtigere Unternehmen regierte, stand ihm als Organisator des Widerstandes Wilhelm Feutner gegenüber. Strojec will auch die politischen Träger und ihre Rolle im Widerstand beleuchten.
Mit Kopf und Herz
Bei der Präsentation der Flugblattdruckmaschinen stellte er zwei Flugblätter vor, das eine von 1936, das andere kurz vor Kriegsende verbreitet. In Letzterem heißt es, „Hitler kann den Krieg nicht gewinnen, nur noch verlängern! Deutsche! Wollt Ihr und Eure Kinder dasselbe Schicksal erleiden, das den Juden widerfahren ist?“ Es endet mit den Worten „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den Ihr um Euer Herz gelegt! Entscheidet Euch, eh‘ es zu spät ist!“
STOLPERSTEINE Rolf Stojec erzählt von mutigen Bürgern in der NS-Zeit
(Alwin Heizenröder war einer der Männer, die Widerstand gegen das Terror-Regime der Nazis leisteten. Hier ein Foto des Internierten.)
Was ist Widerstand? Und wer hat in Rüsselsheim Widerstand gegen das Nazi-Regime geleistet? Mit diesen Fragen befasste sich Rolf Strojec, Sprecher der „Stolperstein“-Initiative, am Sonntag bei einer Stadtführung. Dass dieses Thema viele beschäftigt, bewies schon die Zahl von 16 Bürgern, die trotz Dauerregens und Temperaturen unter zehn Grad zur Stadthalle kamen. Wegen der widrigen Bedingungen konnten nur wenige der vorgesehenen Orte besucht werden. Die Gruppe lauschte stattdessen in einem Café am Bahnhof weiter den Ausführungen. Strojec will ohnehin eine Reihe aus dieser Art Führungen machen.
Lebensgefährliche Sache
Er unterlegte seine Führung auch im Café anschaulich mit Fotos und anderen Materialien. Ein alter Mimmiograph kam zum Einsatz, auf dem er ein Original-Flugblatt nachdruckte. Aus einem Volksempfänger konnte eine Ansprache Thomas Manns gehört werden, die er über BBC London gehalten hatte. Bei Widerstand gehe es weniger um Abgrenzung und Distanzierung, als um bewusste Anstrengungen, zur Veränderung der Verhältnisse beizutragen, erläuterte Strojec. Um konkrete Handlungen mit dem Ziel, zum Ende des Regimes beizutragen – unter Gefahr für das eigene Leben. „Der Widerstand wird verhübscht, der Begriff banalisiert, jeder Opa war da heute ein Widerstandskämpfer.“ Man müsse den Begriff zurechtrücken.
In Rüsselsheim habe es mehr solcher mutiger Menschen gegeben, als gedacht, dennoch waren sie in der Minderheit. Die Mehrheit habe sich blenden lassen, manchmal eigene Leute bespitzelt. Von 35 Zuchthausstrafen wisse man, vor allem in der Zeit von 1933 bis Kriegsbeginn. Hinzu kommen Verfolgungen von Zwangsarbeitern, die sich die Verhältnisse bei Opel nicht gefallen ließen. Der Widerstand bei Opel und die Mittäterschaft von Teilen der Familie ist ein Thema, das Strojec immer wieder betonte, weil kaum darüber gesprochen wird. Opel werde noch immer als Ernährer und Wohlstandsvermehrer betrachtet, die andere Seite – Tod, Unterdrückung, Zwangsarbeit – vernachlässigt.
Zu wenig gewürdigt
Den betrieblichen Widerstand organisierte Wilhelm Feutner, am gleichen Tag erstmals verhaftet, als Wilhelm von Opel in die NSDAP eintrat. Im Betrieb habe es eine Reihe illegaler Zellen, etwa der „Naturfreunde“ und der KPD, gegeben. Die illegale Betriebsgruppe zählte 30 bis 50 Menschen und wurde, in Fünfergruppen organisiert, bis Kriegsende nicht entdeckt. Sie versorgten Zwangsarbeiter mit Essen, leisteten Fluchthilfe. Humanitärer Widerstand, der bis heute zuwenig gewürdigt werde.
Hauptsächlich ehemalige KPD-Mitglieder organisierten hier den Widerstand. Er sei nicht so breit gefächert gewesen wie in anderen Städten, die Sozialdemokraten hätten sich nach Zerschlagung der Gewerkschaften ins Private zurückgezogen. Ein Rüsselsheimer KPDler, der weitermachte, war Alwin Heizenröder. Mit Heinrich Tiemann, Lore Wolf, Fritz Grünewald und vielen anderen druckte und verbreitete er Flugblätter und Zeitungen. Heizenröder verlor Haus und Familie, weil die illegale Arbeit als persönliche Ehrverfehlung galt und auch private Konsequenzen hatte. Wiedergutmachung erfuhr er nach dem Krieg kaum, von Teilen der Familie gar verleugnet. Es sei typisch für die Rüsselsheimer Geschichte, dass die, die sich eingesetzt hätten, nach dem Krieg totgeschwiegen wurden, sagte Strojec.